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Schutzquote


Erstellt: 14.10.2018  |  Zuletzt geändert: 01.09.2020, 08:56 Uhr

Sie hat hohe Relevanz gewonnen im Zuge der seit 2015 stark angestiegenen Flüchtlingszahlen in Deutschland. Denn von der für einzelne Herkunftsländer differenziert ausgewiesenen Schutzquote wird abhängig gemacht, ob Asylbewerber*innen bereits vor Abschluss ihres Verfahrens eine gute Bleibeperspektive  und damit eine Zugangsberechtigung zu Integrationskursen oder anderen sprachlich bzw. beruflich qualifizierenden Maßnahmen zugestanden wird. Unterschieden wird zwischen Gesamtschutzquote und bereinigter Schutzquote. 

Die Gesamtschutzquote entspricht der Relation der anerkannt Schutzberechtigten zu allen Schutzbegehrenden. Zu den als schutzberechtigt anerkannten Personen rechnet man Antragstellende, die 

  • nach Art. 16 a des Grundgesetzes (GG) einen Anspruch auf Asyl erhalten, 
  • denen die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Absatz 1 und Absatz 4 des Asylgesetzes (AsylG) zugesprochen wird (siehe anerkannter Flüchtling),
  • denen subsidiärer Schutz nach § 4 des Asylgesetzes (AsylG) gewährt wird, oder 
  • für die ein Verbot der Abschiebung nach § 60 Abs. 5,7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG)  ausgesprochen wird. 

Der Anteil der Summe dieser Fälle an allen im jeweiligen Zeitraum abgeschlossenen Verfahren bildet die sogenannte Gesamtschutzquote. 

Die bereinigte Schutzquote wird berechnet, indem die Summe der o.a. Fälle nicht auf alle im entsprechenden Zeitraum abgeschlossenen Verfahren bezogen wird, sondern nur auf die Fälle, die tatsächlich zu einer individuellen Entscheidung geführt haben. Das heißt: Fälle, in denen rein aus formellen Gründen das Verfahren ohne Anerkennung einer Schutzberechtigung endet, fließen nicht in die Prozentuierung ein. Konkret sind das beispielsweise Fälle, in denen Schutzbegehrende zur Entscheidung in sichere Drittstaaten rücküberstellt werden oder in denen durch Weiterreise, Rückkehr oder unbekanntes Verziehen ein Fall ohne Entscheidung in der Sache abgeschlossen wird. Die bereinigte Schutzquote spiegelt - eher als die Gesamtschutzquote - die tatsächliche Gefährdungslage in den unterschiedlichen Herkunftsländern wider. Sie fällt wegen der kleineren Bezugsgröße immer höher aus als die Gesamtschutzquote. 

Die Frage, ob die Gesamtschutzquote oder die bereinigte Schutzquote für Verwaltungsentscheidungen über Teilhabeberechtigungen von Asylbegehrenden zu Grunde gelegt werden sollten, ist politisch umstritten. Die Auseinandersetzung macht sich zum einen daran fest, dass Menschen aus Afghanistan nach der Gesamtschutzquote in die Gruppe der Personen mit ungeklärter Bleibeperspektive fallen, ihnen nach der bereinigten Schutzquote aber eine gute Bleibeperspektive zugestanden werden müsste. Zum anderen speist sich der Konflikt aus der Tatsache, dass die Praxis der Anerkennung in den Bundesländern sehr unterschiedlich gehandhabt wird und die Verfahrensergebnisse insgesamt stark voneinander abweichen.

Eine relativ aktuelle Übersicht über die Gesamtschutzquote und die bereinigte Schutzquote nach Herkunftsländern und nach Bundesländern bietet die Bundestagsdrucksache 19/18498 von Anfang 2020. Als Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke führt die Bundesregierung darin u. a. aus, dass

  • im vierten Quartal 2019 die Gesamtschutzquote für alle Staatsangehörigkeiten bei 39,4 Prozent und die bereinigte Schutzquote bei 59,3 Prozent lag, 
  • die Gesamtschutzquote für Afghanistan mit 35,5 Prozent unterhalb der Marke lag, an der das BAMF die gute Bleibeperspektive festmacht,
  • die bereinigte Schutzquote für Afghanistan mit 62,3 Prozent oberhalb der Marke lag, an der das BAMF die gute Bleibeperspektive festmacht,
  • sich in der Summe der vier Quartale 2019 die bereinigte Schutzquote für Afghanistan im Vergleich der Bundesländer zwischen 50,6 Prozent in Sachsen-Anhalt und 67,4 Prozent in Nordrhein-Westfalen bzw. gar 89,3 Prozent im Saarland bewegt hat.

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