Individuell und vernetzt! Erkenntnisse zur Gestaltung von Anpassungsqualifizierungen im dualen Bereich

Die Fachstelle Beratung und Qualifizierung beschäftigte sich zum Ende der letzten Förderrunde ausführlich mit der beruflichen Anerkennung in dualen Berufen und deren Qualifizierungsmöglichkeiten. Dazu wurde das Papier „Situationsanalyse aus Sicht des Förderprogramms IQ 2015-2018: Berufliche Anerkennung von Fachkräften mit ausländischem Berufsabschluss in dualen Berufen“ erarbeitet. In die Analyse flossen hauptsächlich Erfahrungen und Expertise aus dem bundesweiten Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ ein.

Seit 2012 besteht durch das Anerkennungsgesetz ein gesetzlicher Anspruch, um ausländische Berufsabschlüsse u. a. im dualen Bereich anerkennen zu lassen. In diesem Verfahren werden die ausländischen Qualifikationen mit denen eines deutschen Referenzberufs verglichen. Werden wesentliche Unterschiede festgestellt, können diese über Qualifizierungsmaßnahmen ausgeglichen werden, um zu einer vollen Gleichwertigkeit zu gelangen. Solche Qualifizierungen werden im Förderprogramm IQ erprobt.

Im Vergleich zu anderen Berufsbereichen werden solche Qualifizierungen in den dualen Berufen jedoch noch nicht stark nachgefragt. Wie kann das sein, obwohl der Mangel an Fachkräften gerade im Handwerk immer wieder durch die Medien geht?

Unsere Situationsanalyse macht deutlich: Der wichtigste Grund für die noch geringen Teilnehmendenzahlen an den Qualifizierungen ist, dass Personen mit ausländischen Abschlüssen in dualen Berufen keine Anerkennung benötigen, um in Deutschland arbeiten zu dürfen. Selbst wenn sie das Anerkennungsverfahren durchlaufen und eine teilweise Gleichwertigkeit oder eine Ablehnung festgestellt wird, steht ihnen grundsätzlich der Arbeitsmarkt im dualen Bereich offen. Dabei kann der Bescheid über eine teilweise Gleichwertigkeit bei Bewerbungen sinnvoll sein, da potentielle Arbeitgeber die ausländischen beruflichen Qualifikationen dadurch besser einschätzen können.

Weiterhin zeigen Erfahrungen der Pilotprojekte des Förderprogramms IQ, dass Qualifizierungsangebote im dualen Bereich komplex in der Umsetzung sind und hohe Anforderungen an die Maßnahmeträger stellen: Die ausländischen Fachkräfte bringen einerseits unterschiedlichste Berufe mit; andererseits variieren selbst in denselben Berufen die wesentlichen Unterschiede stark, die es auszugleichen gilt. Daher benötigen sie meist eine individuelle Qualifizierungsplanung und -begleitung.

Dabei werden die Qualifizierungen aus unterschiedlichen theoretischen und praktischen Anteilen kombiniert. Besonders häufig fallen praktische Lernphasen in Betrieben an. Teilweise können auch theoretische Angebote genutzt werden, die bereits über die Erstausbildung oder bestehende Weiterbildungen zur Verfügung stehen (z. B. überbetriebliche Lehrlingsunterweisungen der Handwerkskammern, Angebote der IHK-Bildungsträger). Außer fachlichen Elementen ist es häufig sinnvoll, auch berufsbezogenes Sprachlernen und/oder weiterbildungsbegleitende Hilfen (z. B. Lernhilfen oder sozialpädagogische Begleitung) einzubinden. Zudem betreuen die Maßnahmeträger die Teilnehmenden und ggf. das Personal der kooperierenden Betriebe während der Qualifizierung, um einem möglichen Abbruch der Maßnahme vorzubeugen. Dieser Prozess ist zeitlich und organisatorisch aufwendig und setzt ein regional gut ausgebautes Netzwerk voraus. Auch muss das betreuende Personal entsprechend fachlich und interkulturell handlungsfähig sein.

Die individuelle Qualifizierungsplanung- und begleitung wird in Pilotprojekten des Förderprogramms erfolgreich umgesetzt. Allerdings fehlt eine nachhaltige, regelhafte Finanzierungsmöglichkeit über das Programm hinaus. Außerdem gestaltet sich v. a. die Förderung betrieblicher Lernphasen als schwierig. Ein Lösungsansatz könnten hier Förderinstrumente aus dem SGB II/III wie der Eingliederungszuschuss oder auch das Programm „Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen (WeGebAU)“ sein. Damit könnten Betriebe für die Qualifizierung von Personen gefördert werden, die aus der Arbeitslosigkeit kommen, berufsfremd oder unter ihren Qualifikationen arbeiten. Voraussetzung hierfür ist eine entsprechende budgetäre Ausstattung der Arbeitsagenturen und Jobcenter für diese Fördermöglichkeiten.

Beitrag von Melanie Adacker für den Newsletter 3/2019 der IQ Fachstelle Beratung und Qualifizierung

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