Aus der Praxis: Interview mit Marwa Daas, Apothekerin aus Syrien

„Man sollte keine Angst haben“

Als Marwa Daas letztes Jahr nach Deutschland kam, war sie zunächst orientierungslos – vor allem, weil sie noch kein Deutsch konnte. Dann machte sie eine Freundin, ebenfalls Apothekerin aus Syrien, auf die Facebook-Gruppe „Syrische Apotheker in Deutschland“ aufmerksam. „Das war total wichtig für mich. Über die Gruppe konnte ich erste Kontakte knüpfen und mich mit anderen Apothekerinnen und Apothekern austauschen“, erzählt Marwa Daas im Interview mit der IQ Fachstelle „Beratung und Qualifizierung“. Als ihre Deutschkenntnisse besser wurden, konnte sie schließlich selbst die zuständigen Behörden kontaktieren und die für das Anerkennungsverfahren relevanten Dokumente einreichen: „Das war stressig, denn ich hatte nicht alle Dokumente bei mir, und manche sind nur für eine bestimmte Zeit gültig. Zum Glück konnte mir meine Mutter die fehlenden Unterlagen rechtzeitig per Post nachschicken.“

Da sie für ihre Approbation in Deutschland eine Kenntnis- und eine Fachsprachprüfung absolvieren muss, nimmt Marwa Daas zurzeit an der virtuellen Qualifizierung „Apo-Online“ der KNOTEN WEIMAR GmbH (IQ Netzwerk Thüringen) teil: „Von diesem Angebot habe ich über die IQ Beratung von migra e.V. erfahren. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es keine Anpassungsqualifizierung für Apothekerinnen und Apotheker. Durch das virtuelle Lernen ist man räumlich flexibel, außerdem kommuniziert man sehr viel. Die Präsenzphasen sind gut für den Erfahrungsaustausch mit den anderen Teilnehmenden. So habe ich übrigens auch eine Freundin gefunden, sie kommt aus Rumänien und lebt ganz in meiner Nähe, sodass wir uns auch zum Lernen getroffen haben.“

Letzte Woche hat Marwa Daas bereits ihre Fachsprachprüfung bestanden. Um sich darauf vorzubereiten, hat sie sich vorab genau über den Ablauf und die Prüfungsinhalte informiert. So konnte sie den Lernstoff eingrenzen und einen Lernplan aufstellen. Parallel dazu machte sie eine Hospitation in einer Apotheke: „Die Kollegen dort haben mir sehr bei der Vorbereitung auf die Prüfung geholfen. Wir haben für jeden Tag ein Thema festgelegt und uns dann dazu ausgetauscht. Manchmal konnte ich auch mit Kundinnen und Kunden sprechen und so direkt Patienten-Gespräche üben.“

Bevor sie mit der Hospitation in dieser Apotheke begann, hatte Marwa Daas zunächst eine weniger schöne Erfahrung: „Zuerst hatte ich in einer anderen Apotheke angefragt. Aber die Kundschaft dort war schwierig. Es hat sie gestört, dass ich nicht so gut Deutsch konnte.“ Bei der zweiten Apotheke war es dann sehr leicht, betont Marwa Daas: „Ich habe einfach die Chefin gefragt, ob ich dort anfangen kann. Es war ein sehr nettes Gespräch. Wir haben dann bei der Apothekerkammer angerufen. So wurde klar, dass ich zunächst nur hospitieren kann, da ich erst im Januar meine Berufserlaubnis bekomme.“ 

Unterschiede zwischen der Arbeit in einer deutschen und in einer syrischen Apotheke hat Marwa Daas schon jetzt festgestellt: „In Deutschland ist alles sehr streng geregelt, alles läuft über die Krankenkasse, die meisten Medikamente darf man nur gegen Rezept herausgeben. In Syrien hat man da viel mehr Spielraum und kann als Apothekerin auch eigene Entscheidungen treffen.“ Diese Erfahrung hält sie aber nicht von ihrem Traum ab: „Mein beruflicher Wunsch ist es, in einer öffentlichen Apotheke in Deutschland zu arbeiten. Und eines Tages vielleicht sogar eine eigene Apotheke zu führen.“ Ihr Ratschlag an Personen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden: „Man sollte keine Angst haben, selbst nach einem Misserfolg. Man muss auf andere Menschen zugehen und den Kontakt suchen – denn nur so kommt man weiter und lernt die Sprache!“


Beitrag von Laura Roser für den Newsletter 4/2017 der Fachstelle „Beratung und Qualifizierung“.

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