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Interview mit Mousa Othman, Fachreferent der Fachstelle Faire Integration
Faire Integration: Beratung zu arbeits- und sozialrechtlichen Fragen
Bundesweites Angebot für Geflüchtete und Migrant*innen aus Drittstaaten
Ausgangslage/Herausforderung
Menschen, die aus Drittstaaten kommen und in Deutschland arbeiten, sind oft unzureichend über deutsche Arbeitsrechte informiert. Zudem sind ihre Arbeitsmöglichkeiten oft an aufenthaltsrechtliche Bedingungen geknüpft. Diese und weitere Faktoren, wie mangelnde Sprachkenntnisse, führen dazu, dass Geflüchtete und Migrant*innen aus Drittstaaten häufig von prekären Arbeitsbedingungen bedroht sind. Wenn sie sich erst einmal in prekären Arbeitsbedingungen befinden, z. B. ihren Lohn nicht gezahlt bekommen oder aber unter dem Mindestlohn bezahlt werden, wissen sie oft nicht, an wen sie sich wenden können. Die Ratsuchenden sind oft nicht gut vernetzt und auch nicht in einer Gewerkschaft – ihnen fehlen Orientierung und Ansprechpartner*innen, die über vertieftes Wissen im Bereich des Arbeitsrechts verfügen und sie auch bei eventuellen interkulturellen und sprachlichen Kommunikationsschwierigkeiten unterstützen.
Umsetzung
Um Geflüchtete und Migrant*innen sprach- und kultursensibel zu arbeits- und sozialrechtlichen Fragen zu beraten, wurde im Rahmen des Förderprogramms IQ das bundesweite Beratungsnetzwerk Faire Integration ins Leben gerufen. Seit 2018 bieten die Beratungsstellen kostenlose, auf Wunsch anonyme und in verschiedenen Herkunftssprachen mögliche Beratungen an. Durch die aktive und präventive Information sollen Geflüchtete und Migrant*innen aus Drittstaaten über ihre Arbeitsrechte aufgeklärt und dabei unterstützt werden, ihre Rechte durchzusetzen. Durch die Mehrsprachigkeit und den geschützten Beratungsraum werden Hemmschwellen abgebaut und das Vertrauen in die Beratung gestärkt. Ziel der Beratung ist es, prekären Arbeitsverhältnissen und Arbeitsausbeutung vorzubeugen.
Die Beratungsstellen werden bundesweit von sechzehn Trägerorganisationen umgesetzt. Die Träger arbeiten eng mit Akteuren des Förderprogramms IQ sowie mit weiteren Beratungsstrukturen vor Ort wie Faire Mobilität, mit Einzelgewerkschaften, der Bundesagentur für Arbeit, Migrantenorganisationen, Sprachschulen und sozialen Einrichtungen zusammen.
Gezielt werden neben den Einzelfallberatungen auch Informationsaktionen präventiv organisiert: Dabei werden Mitarbeitende aus spezifischen Berufsgruppen und Branchen, z. B. aus dem Baugewerbe oder Kurierfahrer*innen aufgesucht, um sie über ihre Rechte und Handlungsmöglichkeiten aufzuklären.
Darüber hinaus unterstützen die Berater*innen der Fairen Integration die Ratsuchenden auch aktiv im weiteren Verlauf der Beratung: So können sie dabei helfen, Dokumente zu verstehen und übersetzen diese oder formulieren Geltendmachungen an Arbeitgeber*innen und begleiten Ratsuchende, wenn möglich und bei Bedarf, auch vor Gericht, um als Dolmetscher*innen zu agieren. Die Beratenden handeln immer im Interesse der Ratsuchenden und im Sinne des Empowerments – sie zeigen rechtliche Möglichkeiten auf und geben Handlungsempfehlungen ab, letztlich entscheiden aber die Ratsuchenden selbst, welchen Weg sie zur Lösung ihres Problems einschlagen wollen.
Um die Berater*innen bei ihren vielfältigen Aufgaben zu unterstützen, werden die Beratungsstellen von einer bundesweiten Struktur unterstützt. Hierfür wurde die Fachstelle Faire Integration eingerichtet: Sie wird von der IQ Consult gemeinnützige Gesellschaft für Weltoffenheit, Toleranz und Vielfalt mbH verantwortet, einer 100-prozentigen Tochter des DGB Bildungswerks BUND e.V.. Die Unterstützung und Koordination der Beratungsstellen ist die Hauptaufgabe der Fachstelle. Sie plant und führt Veranstaltungen zur Vernetzung der Beratungsstellen durch, ermöglicht auf Fallkonferenzen den fachlichen Austausch und schult die Beratenden in Seminaren zu wichtigen arbeitsrechtlichen Fragestellungen. Durch die Gewährleistung der Qualitätsstandards und den Second Level Support in schwierigen Beratungsfällen, erleichtert die Fachstelle die praktische Beratungsarbeit.
Unterstützend konzipiert und produziert die Fachstelle Informationsmaterialien für Ratsuchende und macht durch ihre bundesweite Öffentlichkeitsarbeit auf die Möglichkeit der Beratung, aber auch Erfolge und Ergebnisse von Faire Integration aufmerksam.
Fazit
Die Beratungserfahrung zeigt, dass viele Drittstaatler*innen ihre Rechte nur unzureichend kennen und ein hoher Bedarf an der Beratung und Information durch Faire Integration besteht. Durch Faire Integration wurde eine Beratungsstruktur geschaffen, um Ausbeutung auf dem Arbeitsmarkt vorzubeugen und prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu verhindern. Mithilfe der anonymen, kostenlosen und in vielen Herkunftssprachen angebotenen Beratung werden Drittstaatler*innen innovativ und effizient unterstützt und beraten. Schließlich kann so auch eine faire und nachhaltige Arbeitsmarktintegration sichergestellt werden.
Adressaten für Transfer:
Bundesagentur für Arbeit, Jobcenter, Beratungsstellen Arbeit, Anerkennungsberatungsstellen, weitere arbeitsrechtliche Beratungsstellen, Servicestelle gegen Zwangsarbeit, Finanzkontrolle Schwarzarbeit, Migrantenorganisationen, Gewerkschaften
Instrument:
Die Faire Integration Beratungsstellen sind ein bundesweites Beratungsangebot im Rahmen des Förderprogramms IQ. Die Beratung erfolgt kostenlos, anonym und in verschiedenen Herkunftssprachen für Geflüchtete und Migrant*innen aus Drittstaaten.
Projekt:
IQ Fachstelle Faire Integration Beratungsstellen von Faire Integration
Träger:
Träger der Fachstelle: IQ Consult gGmbH
Träger der Beratungsstellen: In Trägervielfalt organisiert
Projektansprechpartner*innen
Ansprechpartner*innen der Fachstelle
Jens Nieth, Projektleiter der Fachstelle Faire Integration
j.nieth@iq-consult.de, 0211 4301 222
Katharina Hamann, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit der Fachstelle Faire Integration
k.hamann@iq-consult.de, 0211 4301 185
Ansprechpartner*innen der Faire Integration Beratungsstellen finden sich hier:
www.faire-integration.de/beratungsstellen
Angebot
Alle Informationen zu den Beratungsstellen, der Fachstelle und Informationsmaterial sowie Ansprechpartner*innen finden sich auf der Webseite von Faire Integration: www.faire-integration.de
Die Inhalte stehen auch auf Arabisch, Englisch, Dari, Spanisch und Russisch sowie zukünftig auch auf Französisch zur Verfügung