Internationale Studie informiert über politische Teilhabe von Geflüchteten

[Robert Bosch Stiftung] Geflüchtete wollen mitreden und sich in ihren Aufnahmeländern politisch engagieren. Dieses politische Engagement kann zudem einen positiven Effekt auf die Demokratisierung und die Friedensprozesse in den Heimatländern der Geflüchteten haben. Das geht aus einer gemeinsamen Studie der Robert Bosch Stiftung GmbH und des International Institute for Democracy and Electoral Assistance (International IDEA) hervor. Für die Studie "Political Participation of refugees: bridging the gaps" befragten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über 600 Geflüchtete in acht unterschiedlichen Aufnahmeländern. Die jetzt vorliegenden Ergebnisse zeigen, welchen wichtigen Einfluss die politische Beteiligung von Geflüchtete auf ihre Integration haben kann. Die Autorinnen und Autoren empfehlen deshalb, Geflüchteten möglichst früh eine politische Teilhabe zu ermöglichen. Dafür brauche es vor allem nicht-formelle Möglichkeiten wie politische Diskussionsplattformen. Nach Meinung der Autorinnen und Autoren kommt hier der Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle zu, da sie diese Möglichkeiten initiieren kann.

Ein zentrales Ergebnis der Studie: Geflüchtete wünschen sich politische Teilhabe. Je nach Aufnahmeland unterscheide sich dieser Wunsch zwar in Intensität und Teilhabeform, dahinter stehe aber überall der integrative Effekt politischer Beteiligung. Wer eine Stimme habe, fühle sich auch als aktiver Teil der Gesellschaft, so die Autorinnen und Autoren. Die Studie zeigt allerdings, dass die offizielle politische Teilhabe von Geflüchteten, etwa die Teilnahme an Wahlen, länderübergreifend ein weit entferntes Ziel ist. Lediglich in Schweden können Geflüchtete bereits nach drei Jahren auf lokaler und regionaler Ebene wählen und sich wählen lassen.

Neben dem eingeschränktem Wahlrecht, wurden von vielen Geflüchteten auch fehlendes Wissen, mangelnde Informationen sowie negative Erfahrungen mit dem Thema politische Beteiligung in den Aufnahme- und Herkunftsländern als Hindernisse genannt. Zudem befürchteten die Befragten in vielen Fällen negative Auswirkungen auf ihren Aufenthaltsstatus oder Konsequenzen für sich oder ihre Familien in den Herkunftsländern.

Nach Alternativen zur offiziellen politischen Partizipation gefragt, nannten die Geflüchteten in vielen Fällen Angebote von nicht-staatlichen Organisationen wie Migrantenvertretungen, Flüchtlingsorganisationen und der Zivilgesellschaft, in einzelnen Ländern auch die Möglichkeit einer Parteimitgliedschaft. Zu den Teilhabeangeboten gehören u.a. Protestaktionen, sogenannte Graswurzelbewegungen und Soziale Medien. Dabei komme besonders der Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle zu, so die Autorinnen und Autoren. Sie fördere die politische Teilhabe von Geflüchteten und trage dazu bei, Gemeinschaften von Geflüchteten auf lokaler und regionaler Ebene zu stärken.

Diese nicht-formellen politischen Teilhabemöglichkeiten werden in einigen der untersuchten Aufnahmeländer aktiv gefördert, in anderen durch gesetzliche Rahmenbedingungen verhindert, insbesondere wenn die Initiativen von Geflüchteten als politisch und nicht als rein humanitär wahrgenommen werden. Die Autorinnen und Autoren der Studie fordern hier mehr Engagement der Aufnahmeländer. Sie seien gefordert, wenn es darum gehe Geflüchteten politisches Engagement und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Voraussetzung dafür sei ein entsprechender rechtlicher Rahmen, der vor allem Meinungsfreiheit und das Recht zur Selbstorganisation für Geflüchtete gewähre. Zudem sei es notwendig, dass staatliche und lokale Regierungen in Aufnahmeländern Migrantenvertretungen und von Geflüchteten geleitete Organisationen unterstützen. Dies habe auch langfristig einen positiven Effekt auf die Integration von Geflüchteten.

Für das Forschungsprojekt wurden insgesamt 615 Geflüchtete aus den Ländern Syrien, Afghanistan, Süd Sudan, Somalia und dem Kongo befragt. Die Interviews fanden einzeln und in Gruppen statt und wurden in den Aufnahmeländern direkt durchgeführt, darunter Deutschland, Schweden, Uganda, Kenia, Türkei, Libanon, Großbritannien und Südafrika.
Die erarbeiteten Ergebnisse werden neben Berlin auch in Brüssel, Kampala und Tunis vorgestellt und unter Beteiligung von Migrationsexperten und politischen Entscheidungsträgern diskutiert.

Mehr zur Studie finden Sie hier.

X