AUS DER PRAXIS

3 Fragen an … Dr. Sonya Dase zur Qualifizierung ausländischer Lehrkräfte im IQ Netzwerk Bremen

1) Bis einschließlich 2018 führte das IQ Landesnetzwerk Bremen die Qualifizierung „Deutsch für Lehrkräfte aus aller Welt“ durch. Im Fokus stand die Vermittlung des für den Lehrerberuf erforderlichen Sprachniveaus, dabei wurde das Angebot flankierend zu einer Ausgleichsmaßnahme umgesetzt. Wie kam diese Kooperation zustande? Und inwiefern profitierten die beteiligten Akteure davon?

Ich muss Ihre Beschreibung etwas modifizieren: Im Fokus unserer Maßnahme stand die Vermittlung der für den Lehrberuf erforderlichen sprachlichen Kompetenzen – das ist ein wichtiger Unterschied. Die sprachlichen Anforderungen für Lehrkräfte liegen auf höchstem sprachlichen Niveau, also auf dem Niveau C 2. Wir vermittelten sprachliche Kompetenzen, die für die Bearbeitung von Aufgaben in der Schule notwendig sind. Hier nur ein kleiner Ausschnitt: Lehrkräfte müssen unterschiedliche Arbeitsformen und -methoden einführen und  erläutern können. Sie müssen schriftlich Unterrichtsplanungen erstellen, sich im Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen über methodisch-didaktische Fragestellungen auseinandersetzen und ihre Arbeitsweisen begründen können.  

Um das angemessen unterrichten zu können, haben wir die Maßnahme mit einem Dozententeam umgesetzt, in dem Lehrkräfte für DaZ – Deutsch als Zweitsprache – gemeinsam mit Lehrkräften des Landesinstituts für Schule den Unterricht geplant, umgesetzt und ausgewertet haben. Dabei profitierten beide immens von der Perspektive des anderen, die Zusammenarbeit wirkte also zugleich wie eine Fortbildung für das Lehrgangsteam.

Die Kooperation mit der Bildungsbehörde haben wir als Koordination des Landesnetzwerks initiiert: Wir sind auf die Behörde zugegangen, haben das IQ Konzept des integrierten Fach- und Sprachlernens vorgestellt und vorgeschlagen, dass wir das IQ Know-how in die Arbeit des Landesinstituts für Schule einfließen lassen. Dann haben wir gemeinsam das Konzept für die Qualifizierung entwickelt und sind dann in die Erprobung gestartet.

Die Teilnehmenden profitierten von diesem Ansatz, weil der Deutschunterricht den beschriebenen engen Praxisbezug hat. Da zum Kurs auch Hospitationen gehörten, konnten sie zu jedem behandelten Thema – nehmen wir das Modul „Konflikte im Unterricht lösen“ – zweimal je unterschiedliche Lehrkräfte im Unterricht beobachten und Handlungsoptionen sowie sprachliche Redemittel sammeln. Es war selbstverständlich für uns, dass alle unsere Teilnehmenden ausschließlich bei Lehrkräften hospitieren, die in ihrem Fach und in ihrer Schulform unterrichteten.

Dass und wie das Dozententeam profitierte, habe ich schon erwähnt. Für die zuständigen Stellen und die Anerkennungsberatungsfachkräfte – die ihrerseits auch eng zusammenarbeiten – war es einfach eine Entlastung, auf unser Angebot hinweisen zu können: Die Zahl der ausländischen Lehrkräfte ist hoch, der Weg in den Schuldienst unglaublich lang und voller Hürden. Unsere Qualifizierungsmaßnahme bietet eine gute Möglichkeit, eine der vielen Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen oder aber zu minimieren. Denn das gehört auch zur Wahrheit:  Es ist nach wie vor nicht einfach, in den Schuldienst zu kommen. Unsere Qualifizierungsmaßnahme ist nur eine Etappe auf einem langen Weg.

 

2) Was bietet das Landesnetzwerk Bremen eingewanderten Lehrerinnen und Lehrern in der neuen Förderrunde?

Auch 2019 bis 2022 können ausländische Lehrkräfte – in Bremen und Bremerhaven – zwei Angebote des IQ Netzwerks nutzen: Während sie noch im allgemeinsprachlichen Sprachkurs auf die Niveaus B 1 und B 2 hinarbeiten, können sie ein sogenanntes „fachsprachliches Tutorium“ nutzen. Dabei können sie sich  gemeinsam mit ihrer Tutorin oder ihrem Tutor – das sind in der Regel Lehramts-Studierende – einmal in der Woche mit dem Berufsbild der Lehrkraft in Deutschland auseinandersetzen. Sie besuchen auch gemeinsam eine bildungswissenschaftliche Vorlesung und werten diese aus: Zum einen sehen sie, ob sie dem Universitätsunterricht sprachlich schon folgen können und wie in Deutschland an den Universitäten gearbeitet wird; wichtiger ist aber der Abgleich ihres erlernten pädagogischen Verständnisses mit den pädagogischen Ansätzen, die in Deutschland vermittelt werden. Die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen pädagogischen Konzepten ist für die Berufsplanung sehr wichtig. In der Regel weichen die beruflichen Rollenverständnisse voneinander ab. Es gibt einige Lehrkräfte, die es sich nicht vorstellen können, in Deutschland in einer Schule zu arbeiten. Für diese war die frühe Auseinandersetzung mit der beruflichen Realität in Deutschland sehr wichtig, denn es beugt Zeitverlust und Enttäuschungen vor.

Für die Lehrkräfte, für die sich der Wunsch, auch in Deutschland als Lehrkraft zu arbeiten, durch das Tutorium verfestigt hat, bieten wir weiterhin „Deutsch für Lehrkräfte aus aller Welt“ an. Für die neue Förderrunde haben wir einzelne Aspekte angepasst. So bearbeiten wir die Fachmodule mit Materialien, die sprachlich auf dem Niveau C 1 oder C 2 liegen. Da einige unserer Teilnehmenden noch keine Unterrichtserfahrung in Deutschland haben, andere aber bereits an Bremer Schulen arbeiten, z.B. als angestellte Lehrerinnen bzw. Lehrer oder als pädagogische Unterstützungskräfte, können sie auch während des Kurses durch individuelle Angebote gestärkt werden. Unser sehr erfahrenes Lehrgangsteam hat die Qualifizierungsmaßnahme zudem so konzipiert, dass die Unterschiedlichkeit der Fächer, aber auch der Arbeitserfahrungen der Teilnehmenden gewinnbringend wirken kann.

 

3) Je nach Bundesland bestehen unterschiedliche rechtliche Regelungen zur Anerkennung von Lehrqualifikationen aus dem Ausland. Gibt es dennoch „Lessons Learnt“ aus Bremen, die auch für andere Länder relevant sein können?

Auf alle Fälle! Ohne eine enge Kooperation mit den Institutionen, die für die Lehrerbildung und die Schulen zuständig sind, sollte man nie eine Qualifizierungsmaßnahme starten. Ich sage immer: „IQ bietet einen Teil der Lösung, den anderen halten die zuständigen Stellen in den Händen.“ Durch die Kooperation entsteht Neues, von dem beide Seiten profitieren.

Es gibt aber noch eine zweite Grundvoraussetzung für funktionierende Projekte: Die Koordination des Landesnetzwerks muss strukturelle Rahmenbedingungen vorbereiten und schaffen können. Nur dann können die Teilprojekte erfolgreich in ihrer fachlichen Arbeit sein.

 

Interview mit Dr. Sonya Dase (IQ Netzwerk Bremen) für den Newsletter 1/2019 der IQ Fachstelle Beratung und Qualifizierung

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