Interview mit Dozierenden der Akademie Auswärtiger Dienst

„Das Thema Anerkennung hat an Bedeutung gewonnen"

Die Akademie Auswärtiger Dienst ist zuständig für die Aus- und Fortbildung der Mitarbeitenden in den deutschen Auslandsvertretungen und schult u.a. Visastellenmitarbeitende zu aufenthaltsrechtlichen Fragen. Einen Schwerpunkt bildet dabei das Thema Fachkräfteeinwanderung. Die Fachstelle Beratung und Qualifizierung unterstützt die Akademie Auswärtiger Dienst bereits seit 2019 mit Schulungen zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen in Deutschland. Vor diesem Hintergrund haben wir uns mit Prof. Dr. Carina Druschke und Florian Weippert, Dozierende für Ausländerrecht an der Akademie Auswärtiger Dienst, zu aktuellen An- und Herausforderungen im Arbeitsalltag von Visastellenmitarbeitenden ausgetauscht.

Wissen, das Visastellenmitarbeitende aktuell brauchen

Mit Einführung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG) wurde in der Akademie Auswärtiger Dienst die Vermittlung des Aufenthaltsrechts zum Zweck der Erwerbstätigkeit komplett neu konzipiert. Das Thema Anerkennung habe dabei deutlich an Bedeutung für die Visastellenmitarbeitenden gewonnen. Zwar sei das Thema nicht neu, jedoch sei es durch das FEG nun viel präsenter. „Wir legen einen großen Fokus darauf in unseren Schulungen. Wir sehen uns genau an: Wie laufen Anerkennungsverfahren ab, wer ist für welche Verfahren zuständig, wie sehen die Bescheide aus?“, erklären die beiden Dozierenden, Carina Druschke und Florian Weippert. Wichtig sei, dass die Visastellenmitarbeitenden Unterlagen wie Gleichwertigkeitsbescheide oder ZAB-Bewertungen ins Gesamtverfahren einordnen können. Viele neue Materialien haben Carina Druschke und Florian Weippert dafür erarbeitet, die dankbar von den Kolleg*innen angenommen werden. Denn man dürfe nicht vergessen: “In den Visastellen werden nicht nur Visumanträge zum Zweck der Erwerbstätigkeit bearbeitet, sondern auch zu anderen Aufenthaltszwecken, z.B. Familienzusammenführung und Studium. Daher sind Visumanträge auf Grundlage des § 16d AufenthG nicht an allen Auslandsvertretungen Tagesgeschäft.“ Und so dauere es, bis in den Visastellen echte Erfahrungswerte aufgebaut werden können.

Vorbereitung auf die Herausforderungen im Arbeitsalltag

Dass sich die Bescheide und Unterlagen der Qualifizierungsmaßnahmen so sehr unterscheiden, sei dabei eine der größten Herausforderungen. In ihren Fortbildungen verwenden die Dozierenden Bescheide und Qualifizierungspläne aus der Praxis. So können die Kolleg*innen Routine darin gewinnen, jene Informationen in den Unterlagen zu finden, die die Weichen in der Antragsbearbeitung stellen. Zum einen sei das zentrale Ergebnis des Anerkennungsverfahrens wichtig: Wurde eine volle Gleichwertigkeit bescheinigt, eine Berufszulassung erteilt oder wurden wesentliche Unterschiede oder sonstige Defizite festgestellt? Aus diesen Informationen ergibt sich, ob es sich bei dem/r Antragstellenden bereits um eine Fachkraft i.S.d. des AufenthG handelt und welche Rechtsgrundlage im Visumverfahren einschlägig ist. In Fällen des § 16d AufenthG sei die zweite wichtige Weiche die Frage, ob es sich um eine überwiegend betriebliche oder überwiegend theoretische Maßnahme handelt. Daraus ergibt sich, welche innerdeutsche Behörde (Bundesagentur für Arbeit oder Ausländerbehörde) vorrangig im Visumverfahren zu beteiligen ist. Hier sei die Prüfung leichter, je eindeutiger im Weiterbildungsplan zu erkennen ist, welche Qualifizierungsabschnitte überwiegend praktischer und welche theoretischer Natur sind.

Bei Unklarheiten haben die Visastellen die Möglichkeit, mit den Anerkennungsstellen in Kontakt zu treten. Auf Grund der Vielfalt an zuständigen Stellen und da die Mitarbeitenden überall auf der Welt tätig sind, z. B. auch in anderen Zeitzonen, sei das aber nicht immer ein einfacher Weg. Sehr hilfreich wäre daher eine gewisse Standardisierung der Bescheide. Laut Florian Weippert wäre für die Kolleg*innen in der Antragsbearbeitung viel gewonnen, wenn auf jedem Bescheid zunächst die wichtigsten Rahmeninformationen zu finden wären: Was wurde beantragt, was ist das Ergebnis der Prüfung, welche Inhalte müssen die ggf. nötigen Ausgleichsmaßnahmen oder Anpassungsqualifizierungen enthalten?

Beitrag der Fachkräfte und weiterer Akteure

Was eine Fachkraft machen kann, um die Bearbeitung ihres Visumantrages zu erleichtern? „Vor allem die für den Antrag geforderten Unterlagen vollständig einreichen“, sagt Carina Druschke. Für eine Fachkraft im Ausland sei es bereits eine beeindruckende Leistung, wenn ein Anerkennungsverfahren in Deutschland erfolgreich betrieben und die Unterlagen für einen Visumantrag vollständig zusammengestellt wurden. Die größere Herausforderung bei der Bearbeitung sei vielmehr die unterschiedliche Qualität und Diversität der vorgelegten Unterlagen. Hier sei es eher Aufgabe der vielen beteiligten Stellen und Behörden, den Wissenstransfer zwischen Verfahren der Anerkennung und Verfahren des Aufenthaltsrechts zu stärken und damit die Abläufe noch besser zu verzahnen. „Sowohl das Aufenthaltsrecht als auch die Anerkennungsgesetzgebung sind spezialisierte Bereiche mit vielen guten Expert*innen. Aber nur wenige können Expert*innen in beiden Bereichen sein. Hier versuchen wir in der Akademie Auswärtiger Dienst, es den Visastellenmitarbeitenden so einfach wie möglich zu machen, das nötige Wissen aus dem Anerkennungsbereich im Einreisekontext anzuwenden“, so Carina Druschke. Und auch umgekehrt sei es hilfreich, wenn zuständige Stellen für die Bedeutung und Verwendung der Dokumente in den Visastellen sensibilisiert sind. Denn von schnellen, reibungslosen Verfahren ohne viele Rückfragen profitieren alle – die Visastellen, die am Verfahren beteiligten inländischen Akteure, und nicht zuletzt die Fachkraft.

 

Beitrag von Katharina Bock für den Newsletter 1/2021 der IQ Fachstelle Beratung und Qualifizierung – basierend auf einem Interview mit Prof. Dr. Carina Druschke und Florian Weippert, Dozierende für Ausländerrecht an der Akademie Auswärtiger Dienst.

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