3 Fragen zur ... Vermittlung interkultureller Kompetenz im virtuellen Raum
Interkulturelle Kompetenz wird vor allem durch interaktive Elemente vermittelt. Das ist im virtuellen Raum eine Herausforderung – aber dennoch möglich. Wie, das erläutert Nils Hackstein von der Fachstelle Interkulturelle Kompetenzentwicklung und Antidiskriminierung im Interview.

1. Was genau bedeutet interkulturelle Kompetenz im Rahmen der Durchführung von Qualifizierungen?
Zunächst einmal ist es wichtig, sich der grundsätzlichen Definition interkultureller Kompetenz bewusst zu werden. Kurz gefasst ist interkulturelle Kompetenz nämlich die Fähigkeit,
- mit Wissen über unterschiedliche Normen, Einstellungen und Fähigkeiten
- die eigenen Perspektiven und Handlungsweisen reflektieren zu wollen
- und kompetenter und adäquater in sozialen Interaktionen zu handeln.
Ein konkretes Beispiel: Nehmen wir an, dass Sie eine Qualifizierung durchführen und Menschen verschiedener kultureller Prägungen in Ihrem Kurs anwesend sind. Die Teilnehmenden werden unterschiedliche Erwartungen an Sie als Kursleiter*in haben: Einige erhoffen sich womöglich viel Austausch auf Augenhöhe, andere wiederum eine frontale Wissensvermittlung. Wie gehen Sie damit um?
Hierbei spielen die Ebenen interkultureller Kompetenz eine zentrale Rolle:
- Zunächst einmal brauchen Sie das Wissen, dass und in welcher Form die Erwartungen unterschiedlich sein können.
- Dann ist es erforderlich, dass Sie die Bereitschaft und Empathie mitbringen (wollen) sich der unterschiedlichen Erwartungshaltungen bewusst zu werden und diese zu reflektieren.
- Und schließlich folgt das Handeln, d.h. Sie könnten bspw. die Erwartungen zu Beginn Ihres Kurses bei den Teilnehmenden abfragen und anschließend erklären, warum und welche Methoden Sie in Ihrem Kurs einsetzen möchten.
2. Wie kann interkulturelle Kompetenz im virtuellen Raum vermittelt werden? Welche Grenzen oder auch Möglichkeiten bestehen im Vergleich zum analogen Raum?
Es ist in der Tat so, dass die digitale Vermittlung interkultureller Kompetenz im Vergleich zum analogen Raum Vor- und Nachteile mit sich bringt. Die Vorteile liegen zunächst auf der Hand: Eine flexiblere Zeit- und Ortseinteilung seitens der Kursleitung und der Teilnehmenden ist möglich. Die Nachteile beziehen sich insbesondere auf die Methodenvielfalt: Die Gestaltung interaktiver Elemente ist im Online-Format weitaus schwieriger einzurichten. Durch die Erstellung von digitalen Kleingruppenräumen ist der Austausch zu und die Reflexion von Kursinhalten durchaus möglich. Allerdings werden Grenzen überall dort deutlich, wo Übungen die physische Anwesenheit der Teilnehmenden erfordern (zum Beispiel, wenn physische Distanz bei einer Simulation sozialer Interaktion zwischen den Teilnehmenden reflektiert werden soll).
3. Was raten Sie Qualifizierungsanbietern, die interkulturelle Kompetenz virtuell vermitteln möchten?
Ich würde Kursleitungen empfehlen, die frontale Wissensvermittlung nur begrenzt einzusetzen und überall da, wo es geht, interaktive Elemente wie Kleingruppenarbeit, Quizze oder Rollenspiele zu ermöglichen. Auch wenn es zunächst gewöhnungsbedürftig oder weniger facettenreich erscheint: Auch online sind Rollenspiele durchführbar (z.B. bei dem Nachspielen von Gesprächssituationen). Gerne darf auch mit der Vielfältigkeit eines Kurses gespielt und diese gezielt mit Hilfe von Webseiten eingesetzt werden. In einer Kennenlernrunde kann bspw. die kostenfreie Webseite getethermap.org verwendet werden, bei der die Teilnehmenden den Ort markieren, an dem sie groß geworden sind. Schnell wird deutlich, dass einige Teilnehmende aus dem gleichen Land oder sogar aus dem gleichen Ort kommen und so Verbindungen herstellen. Andere wiederum geben einen Ort an, der für die Gruppe besonders interessant ist und von dem berichtet werden kann. So werden einerseits die Vielfältigkeit der Teilnehmenden und gleichzeitig auch Gemeinsamkeiten aufgezeigt und das Eis gebrochen.
Beitrag für den Newsletter 4/2021 der IQ Fachstelle Beratung und Qualifizierung.