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Segregation


Erstellt: 11.10.2018  |  Zuletzt geändert: 06.05.2020, 13:46 Uhr

Das kann im Fall einer Konzentration zum Beispiel von sozial schwachen Gruppen oder von einzelnen Ethnien zu Problemen im Zusammenleben führen. Umgangssprachlich werden derartige segregierte Stadtgebiete in dem Fall auch als "Ghettos" oder "No-Go-Areas" bezeichnet, man spricht auch von "Parallelgesellschaften", "Problemvierteln" oder "überforderten Nachbarschaften". Viele Städteplaner*innen wie auch Integrationsfachleute in sogenannten "Ankommens- oder Aufnahmestadtteilen" mit überdurchschnittlichen Anteilen von Migrant*innen sehen darin durchaus sinnvolle Quartiersformen, die wichtige Funktionen für die Gesamtstadt und die neu Zugewanderten übernehmen können, sofern dort entsprechende Einrichtungen und Kapazitäten für die sprachliche und soziale Erstintegration vorgehalten werden. 

Stadtquartiere, in denen Migrant*innen einer bestimmten Herkunft stark überrepräsentiert sind, werden auch "ethnische Kolonien" genannt. Sie können insofern positive Wirkungen haben, als Landsleute und/oder Mitglieder einzelner Religionsgemeinschaften neu eingewanderten Familien oder Einzelpersonen wichtige Beratungs- und Unterstützungsleistungen erbringen können, die diesen die Orientierung und Lebensgestaltung in der fremden Umgebung erleichtern. Kritiker*innen hingegen sehen die Konzentration von ethnischen Bevölkerungsgruppen in einzelnen Quartieren eher als Integrationshemmnisse, weil die Bedingungen zum Beispiel für das Erlernen der deutschen Sprache oder die selbstverständliche Akzeptanz der rechtsstaatlichen Normen in solchen Umgebungen eindeutig erschwert sind.  

In der Stadtsoziologie wird zwischen sozialer Segregation, demografischer Segregation und ethnischer Segregation unterschieden. Bei der sozialen Segregation geht es im Kern um die Konzentration von armen bzw. reichen Einwohner*innen in unterschiedlichen Quartieren, bei der demografischen Segregation um sozialräumliche Konzentrationen zum Beispiel jüngerer oder älterer Wohnbevölkerung oder von Single-Haushalten auf der einen und Familien-Haushalten auf der anderen Seite. Als ethnische Segregation wird die Konzentration von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund auf bestimmte Wohngebiete bezeichnet.

Seit Beginn der Einwanderung von Gastarbeiter*innen nach Deutschland waren Migrant*innen nie gleichmäßig über alle Wohngebiete ihrer neuen Heimatstädte und -gemeinden verteilt. Sie wurden bevorzugt in Stadtteilen ansässig, in denen Wohnraum vergleichsweise günstig war, wo sie kurze Wege zu ihren (damals vornehmlich industriellen) Arbeitsstätten hatten oder in denen sich bereits andere Landsleute niedergelassen hatten. Das hat entsprechend zu ungleichen Verteilungen bzw. zu einer Konzentration von Ausländer*innen in einzelnen Stadtteilen geführt, die bis heute bestehen. Eine nach Stadtteilen differenzierte Bevölkerungsstatistik der Stadt Köln zeigt zum Beispiel, dass Ende 2015 der Anteil aller Ausländer*innen an der Gesamtbevölkerung bei 18,6 Prozent lag. Im Stadtteil Libur lag er jedoch lediglich bei 4,6 Prozent, im Stadtteil Chorweiler bei immerhin 40,6 Prozent. Als Folge der stark gestiegenen Flüchtlingszahlen der letzten Jahre dürften sich die Unterschiede inzwischen noch vergrößert haben. 

Es gibt allerdings kein eindeutiges Maß dafür, ab welchem prozentualen Anteil eine durch besondere soziale, demographische oder ethnische Merkmale bestimmte Einwohnergruppe an der gesamten Wohnbevölkerung eines Sozialraumes als "segregiert" anzusehen ist. Im Vergleich mit Ländern wie Frankreich und auch den Niederlanden weisen Quartiere in deutschen Städten allerdings geringere Segregationstendenzen auf. Ein im Jahre 2015 für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Kontext der Armuts- und Reichtumsberichterstattung durchgeführtes Forschungsprojekt kommt zum Beispiel zu dem Befund, dass in den letzten Jahrzehnten die soziale Segregation zwischen Armen und Reichen zugenommen hat, die ethnische Segregation hingegen eindeutig rückläufige Tendenzen aufweist. Doch ist noch nicht absehbar, ob und inwiefern sich das angesichts der deutlich gestiegenen Zahlen Geflüchteter wieder verändern wird.

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