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Rassismus


Erstellt: 11.10.2018  |  Zuletzt geändert: 06.05.2020, 11:57 Uhr

Auf der Grundlage einer pseudowissenschaftlichen Rassenlehre herrschte während des Nationalsozialismus in Deutschland ein sogenannter "Staatsrassismus", dem Millionen von Juden, Sinti und Roma und anderen Minderheiten zum Opfer gefallen sind. Deshalb heißt es im 1949 verabschiedeten Grundgesetz ausdrücklich in Artikel 3 Abs. 3 (GG): "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.". Damit wird grundsätzlich unterstrichen, dass jede Form des Rassismus in Deutschland verboten ist. 

Als "Alltagsrassismus" wird das Handeln von Personen bezeichnet, die - bewusst oder unbewusst - Angehörige anderer ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit verbal und/oder durch ihr Handeln eindeutig abwerten und diese - im Verhältnis zu ihrem allgemeinen Verhalten - eindeutig ungleich behandeln oder gar körperlich angreifen. Im Sommer 2018 haben die öffentlichen Anfeindungen des deutschen Nationalspielers Mesut Özil zum Beispiel zu einer breiten öffentlichen Debatte über Alltagsrassismus in Deutschland geführt, innerhalb derer sich unter #MeTwo hunderttausende junger Erwachsener mit Migrationshintergrund in den sozialen Medien über ihre Erfahrungen äußerten, nicht wirklich als zu Deutschland zugehörig angesehen zu werden. Der fremd klingende Familienname oder das Kopftuch wurden dabei besonders häufig als Anlässe für Abwertung und Ausgrenzung genannt. 

Als "institutionellen Rassismus" bezeichnet man rassistisches Handeln, das nicht von Individuen ausgeht, sondern auf der Grundlage von Gesetzen, Normen oder tradiertem Handeln von Institutionen, Behörden oder dem Bildungssystem praktiziert wird. Hinsichtlich der Situation in Deutschland wird beispielsweise seit einigen Jahren kritisch diskutiert, ob die Polizei "racial profiling" (auch: "ethnisches Profiling") - und damit eine Form des institutionellen Rassismus - betreibe, weil nicht konkrete Verdachtsmomente, sondern äußerliche Merkmale Anlässe für polizeiliches Handeln (Personenkontrolle, Beobachtung, Festnahme) sind. U. a. der UN-Ausschuss zur Beseitigung der Rassendiskriminierung (CERD) hat die Bundesregierung dazu aufgefordert, Maßnahmen zur Unterbindung von racial profiling durch Strafverfolgungsbehörden zu ergreifen, wie das beispielsweise bereits auf regionaler Ebene bereits erfolgte (z.B. Verbot von racial profiling in Münster im Jahre 2018).

Der Begriff Rassismus ist zu unterscheiden vom Begriff  Diskriminierung. Mit Rassismus wird eher eine Ideologie bzw. Weltanschauung, mit Diskriminierung eher eine Handlung bezeichnet. Eine Begriffskombination wie "rassistische Diskriminierung" verweist darauf, dass eine diskriminierende Handlung rassistisch motiviert ist - aber nicht jeder Diskriminierungsakt ist zugleich rassistisch. Umgangssprachlich wird der Begriff "Rassismus" häufig synonym oder ähnlich verwendet wie die Begriffe "Fremdenfeindlichkeit", "Fremdenhass" und "Ausländerfeindlichkeit". Diese aber sind insofern problematisch, als sie den Objekten von Hass und Feindlichkeit den Grund für die Ablehnung zuschreiben, nämlich Fremdheit und Ausländerstatus. Der Begriff Rassismus hingegen erklärt das Phänomen, das er bezeichnet, alleine durch die Haltung des Subjekts. 

Zur dauerhaften Auseinandersetzung mit und der aktiven Bekämpfung von Rassismus hat das Bundesinnenministerium (BMI) in Folge des "Europäischen Jahres gegen Rassismus" (1997) im Jahr 1998 das "Forum gegen Rassismus" (FgR) einberufen. Das Gremium umfasst rund 80 Organisationen, darunter rund 55 bundesweit bzw. überregional tätige Nichtregierungsorganisationen, die sich für die Überwindung von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt einsetzen. Im Oktober 2015 haben sich die Mitglieder des Forums gegen Rassismus (FgR) in einer Grundsatzerklärung auf allgemeine Prinzipien der Rassismusbekämpfung verständigt. Es begreift die Bekämpfung von Rassismus und aller damit zusammenhängenden Formen von Diskriminierung als eine der grundlegenden Aufgaben von Staat und Gesellschaft und zugleich als eine menschenrechtliche Verpflichtung. Rassistische Menschenbilder und Diskriminierungen werden als Ausdruck antidemokratischen Verhaltens und als Gefährdung des sozialen Miteinanders in einer offenen und freiheitlichen Gesellschaft verstanden - und abgelehnt.

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