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Mithelfende Familienangehörige


Erstellt: 13.10.2018  |  Zuletzt geändert: 20.04.2020, 13:39 Uhr

Entweder sie erhalten für ihre Arbeitsleistung Lohn oder Gehalt und für sie werden Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt (formales Beschäftigungsverhältnis). Oder aber sie arbeiten unentgeltlich mit, erbringen sich als Familie (Ehepartnerin/Ehepartner, Kinder, sonstige Verwandte) wechselseitig Arbeitsleistungen ohne Arbeitsentgelt. Diese Sonderform der Erwerbstätigkeit kam früher besonders häufig in der Landwirtschaft vor, ihre Bedeutung nimmt aber ab. Statistisch werden unbezahlt mithelfende Familienangehörigen als sogenannte unbezahlte Selbstständige (siehe Selbstständige/Solo-Selbstständige) erfasst. Ihr Anteil an allen Selbstständigen betrug im Jahr 2016 etwa fünf Prozent. 

Vor allem in Handwerk und Gastronomie, aber auch in anderen Branchen und insbesondere in Kleinbetrieben finden sich oft Familienangehörige unter den Mitarbeitenden. Gerade auch viele Migrant*innen führen ihre Unternehmen häufig mittels mithelfender Familienangehöriger (oftmals in einem weitläufigen Sinne). Laut einer Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) aus dem Jahr 2013 gehörte in Unternehmen, die von Angehörigen der ehemaligen Anwerbeländer gegründet wurden, rund ein Drittel der Beschäftigten zum Kreis der Familie (34 %). In Unternehmen von Ost- und Mitteleuropäer*innen betrug ihr Anteil 29 Prozent, in Unternehmen der übrigen Gruppen lag er bei 24 Prozent. Dabei handelte es sich zum größten Teil um formale Beschäftigungsverhältnisse, vier Prozent gehörten zu den sogenannten 'unbezahlt Mithelfenden'. 

Eine sozialversicherungspflichte Beschäftigung von Familienangehörigen im eigenen Betrieb ist für eine Familie von Vorteil. Denn Gehaltszahlungen sind als Betriebsausgabe steuerlich absetzbar und weil die Zahlungen an Angehörige gehen, wird das Gesamteinkommen der Familie aufgebessert. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei einer Beschäftigung von Familienangehörigen im Betrieb andere Bedingungen und Umstände gelten als bei einem Arbeitsverhältnis unter Fremden. Das gilt für alle Angehörigen im weitesten Sinne, wie z.B. Ehegatt*innen und Ehegatten, Verlobte, geschiedene Ehegatt*innen und Ehegatten, Verwandte und Verschwägerte. Die Finanzbehörden überprüfen hier genau, ob diese Personen nicht nur auf dem Papier im Betrieb arbeiten, sondern ob das Arbeitsverhältnis ‚ernsthaft‘ vereinbart wurde und auch tatsächlich durchgeführt wird. Zur Vermeidung von rechtlichen und steuerlichen Problemen sind alle rechtlichen Vorschriften genauestens einzuhalten, damit das Beschäftigungsverhältnis steuerlich tatsächlich anerkannt wird (zum Beispiel: ernsthaft vereinbart, nachweisbar tatsächlich durchgeführt, Familienangehörige haben keine wesentlich andere Stellung als andere Arbeitnehmer*innen usw.). Zweifelt die Behörde die Ernsthaftigkeit eines Beschäftigungsverhältnisses an, kann es - auch rückwirkend - die steuerliche Anerkennung verweigern und zu wenig gezahlte Steuern zurückverlangen. Die betroffenen Familienangehörigen selbst haben im Fall von Arbeitslosigkeit zum Beispiel keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld - auch dann nicht, wenn jahrelang Beiträge zur Sozialversicherung für sie eingezahlt wurden. Eine rückwirkende Rückzahlung der geleisteten Beiträge ist überdies nur für einen begrenzten Zeitraum möglich (Stand: Juli 2018).  

Erbringen sich Familienangehörige ohne Arbeitsvertrag und unentgeltlich wechselseitig Arbeitsleistungen, sind sie im Fall zum Beispiel einer Ehescheidung, eines familiären Zerwürfnisses oder einer Insolvenz u.U. finanziell nicht abgesichert. Weil für sie zum Beispiel keine Beiträge in die Sozialversicherung eingezahlt wurden, haben sie im Fall der Arbeitslosigkeit keine Ansprüche auf Arbeitslosengeld.

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