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Interkulturelle Öffnung


Erstellt: 11.10.2018  |  Zuletzt geändert: 20.04.2020, 13:06 Uhr

Dahinter steht die Überzeugung, dass gesellschaftliche Integration nicht nur die Eingliederungsbereitschaft von Individuen, sondern auch die Veränderungsfähigkeit von Institutionen und staatlichen Strukturen voraussetzt.

Seit dem ersten Anwerbeabkommen von ausländischen Arbeitskräften mit Italien im Jahr 1955 (siehe Gastarbeiter*in) hat sich Deutschland kontinuierlich zu einem Einwanderungsland entwickelt, das von einer großen Vielfalt seiner Bevölkerung geprägt ist. Das hat etwa seit Beginn der 90-er Jahre des letzten Jahrtausends dazu geführt, dass zum Beispiel Unternehmen mit vielfältig zusammengesetzten Belegschaften eine gezielte Personal- und Organisationsentwicklung initiiert haben, um über Sprachbarrieren und kulturelle Differenzen zwischen den Beschäftigten hinweg leistungsfähige Arbeitseinheiten zu entwickeln und die Qualität ihrer Produkte zu sichern (siehe Diversity/Diversity-Management). 

Wesentlicher Teil dieser Prozesse war und ist die Entwicklung und Förderung interkultureller Kompetenzen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Arbeitsteams und der Gesamtorganisation, um Arbeitsprozesse effizient zu gestalten. Zu diesen Kompetenzen zählen die interkulturelle Sensibilisierung im Sinne der Bewusstmachung kulturell bedingter Unterschiede in Wahrnehmung, Deutung und Verhalten sowie ihrer möglichen Auswirkungen, das Verstehen und Nachvollziehen unterschiedlicher Sicht- und Handlungsweisen sowie das Vermögen, Missverständnisse und Konflikte, die sich möglicherweise aus kultureller Verschiedenheit ergeben, vorwegnehmen und vermeiden zu können. 

Anders als in vielen Bereichen der freien Wirtschaft hat sich die gewachsene Vielfalt der Bevölkerung erst spät und eher schleppend zum Beispiel in der Beschäftigtenstruktur des Öffentlichen Dienstes niedergeschlagen. Gründe dafür liegen zum einen in der Beschränkung des Zugangs von Ausländer*innen zum Beamtenstatus - in der Regel können nur Deutsche und Unionsbürger*innen Beamt*innen bzw. Beamte werden, zum anderen aber auch in dem fehlenden Wissen vieler eingewanderter Familien von der Struktur und den Zugangsmöglichkeiten zu den Beschäftigungsmöglichkeiten des Öffentlichen Dienstes. Erst in den späten 90er Jahren wurde dies als Defizit erkannt und interkulturelle Öffnung auch hier zum Thema. Zunächst war das insbesondere in den Bereichen des Öffentlichen Dienstes der Fall, in denen regelmäßiger Kundenkontakt zu Ausländer*innen gegeben war, zum Beispiel in Schulen und Ämtern, aber auch zum Beispiel bei der Polizei. Dabei stand der Nutzenaspekt insofern im Vordergrund, als Beschäftigte mit Migrationshintergrund wegen ihrer Muttersprache oder ihrer kulturellen Prägung erfolgreicher mit Eingewanderten kommunizieren können als Beschäftigte ohne Migrationshintergrund. Erst später gewann auch der Teilhabeaspekt an Bedeutung, insofern als sich in den Beschäftigtenstrukturen demokratischer Institutionen und offener Gesellschaften selbstverständlich die gesamte Vielfalt der Bevölkerung eines Landes niederschlagen sollte.  

Die Gewinnung von Beschäftigten mit Migrationshintergrund und eine systematische interkulturelle Öffnung von Organsiationen wurden wiederholt auf den von der Bundeskanzlerin Merkel seit 2006 durchgeführten Deutschen Integrationsgipfeln thematisiert und im Nationalen Aktionsplan Integration von Bund, Ländern und Kommunen aus dem Jahr 2011 zum strategischen Ziel deklariert.

Interkulturelle Öffnung ist im Laufe dieser Diskussions- und Entwicklungsprozesse zu einem Oberbegriff für die Entwicklung und Förderung der interkulturellen Kompetenz aller Beschäftigten und der Steigerung des Anteils von Menschen mit Migrationshintergrund an den Beschäftigten geworden. In den Integrationsgesetzen der Länder Berlin aus dem Jahr 2010 (§ 6), Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2012 (§ 6) und Baden-Württemberg aus dem Jahr 2015 (§ 4), werden zum Beispiel für die Landesverwaltungen geltende Regeln der interkulturellen Öffnung normiert. Hier werden neben den oben genannten Aspekten Kompetenz und Personalgewinnung auch Grundsätze zur regelmäßigen Beteiligung (Teilhabe) von Migrantenselbstorganisationen an den Prozessen der öffentlichen Meinungsbildung, Entscheidungsfindung und Politikbegleitung formuliert.

Über die Politik hinaus haben sich nicht zuletzt angesichts des demografischen Wandels in Form der Alterung unserer Gesellschaft, der absehbaren Reduzierung der Zahl der Erwerbstätigen sowie des wachsenden Anteils der Menschen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung immer mehr gesellschaftliche Gruppen (wie zum Beispiel die Initiative Charta der Vielfalt aus der Wirtschaft), Großorganisationen (wie zum Beispiel Landessportbünde und die Freiwillige Feuerwehr) und Berufsfelder (wie zum Beispiel die Kranken- und Altenpflege) der Herausforderung einer gezielten interkulturellen Öffnung gestellt. 

Für den Bereich Beratung, Beschäftigung und Qualifizierung bietet die IQ Fachstelle Interkulturelle Kompetenzentwicklung und Antidiskriminierung mit Angeboten zur interkulturellen Kompetenzentwicklung und Antidiskriminierung Rat und Unterstützung bei der Entwicklung entsprechender Maßnahmen und Strategien der interkulturellen Öffnung von Einrichtungen und Organisationen.

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