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Ausländer*in


Erstellt: 30.08.2018  |  Zuletzt geändert: 09.09.2020, 14:04 Uhr

Für Ende 2019 bezifferte das Statistische Bundesamt (Destatis) die Zahl der Ausländer*innen und Ausländer in Deutschland auf insgesamt 11,2 Millionen. Das bedeutet einen erheblichen Anstieg gegenüber den Vorjahren. Von 1995 bis 2012 hat sich aufgrund der stagnierenden Einwanderung und der tendenziell gewachsenen Zahl der Einbürgerungen  von lange ansässigen Eingewanderten die Gesamtzahl der ausländischen Personen zwischen rd. 6,7 Mio. und 7,3 Mio. bewegt. In Folge der EU-Osterweiterung und der sogenannten Euro-Krise in einigen Mittelmeerländern wuchs die Zahl der Einwander*innen - und mit ihnen die der Ausländer*innen - seit 2013 spürbar an. Diese Entwicklung wurde ab 2015 noch einmal verstärkt durch die massiv steigende Zahl von Geflüchteten aus dem Nahen Osten und aus Afrika. Der Anstieg der Zahl der Ausländer*innen von 2016 auf 2017 um 600.000 war dann wieder stärker von Menschen aus den EU-Staaten Polen, Bulgarien und Rumänien geprägt als von Geflüchteten. In 2018 betrug der Anstieg ca. 313.000  und in 2019 377.000 Menschen. Hauptherkunftsländer waren Rumänien, Syrien und Bulgarien. Ende 2019 waren damit rund der 43% der registrierten Ausländer*innen Angehörige eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union.

Allerdings ist nicht jede bzw. jeder, die bzw. der über die Staatsangehörigkeit eines ausländischen Staates verfügt, eine Ausländerin oder ein Ausländer. Denn in Deutschland leben viele Menschen, die neben dem deutschen Pass auch über den Pass eines anderen Staates verfügen. In solchen Fällen spricht man von Mehrstaatigkeit oder auch von einer doppelten Staatsbürgerschaft (Doppelte Staatsangehörigkeit). Der Mikrozensus, eine vom Statistischen Bundesamt (Destatis) regelmäßig durchgeführte Erhebung bei rund einem Prozent der Bevölkerung Deutschlands, beziffert für 2015 die Zahl der Menschen mit einem deutschen und mindestens einem ausländischen Pass auf rd. 1,7 Mio.

Ausländer*innen genießen nicht uneingeschränkt gleiche Grundrechte wie Deutsche. In Bezug auf das Grundgesetz wird juristisch zwischen 'Jedermannrechten' - das sind die allgemeinen Menschenrechte - und 'Deutschenrechten' unterschieden. Im Grundgesetz gibt es mit dem Recht auf Asyl (Art 16a) zudem ein Grundrecht, das faktisch nur von Ausländer*innen in Anspruch genommen werden kann.

Der Status als ausländische Person hat vielfältige Rechtsfolgen für die betreffenden Personen. Die wesentlichen ausländerrechtlichen Regelungen sind in dem 2005 in Kraft getretenen Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und für Bürger*innen der Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) im Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) enthalten. Über diese aufenthalts- und integrationsrechtlichen Regelungen hinaus gibt es zahlreiche weitere Gesetze und Normen, wie z. B. das Vereinsrecht oder das Parteiengesetz, in denen zwischen den Rechten und Pflichten deutscher und ausländischer Personen unterschieden wird.

Im Hinblick auf den Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Qualifizierungsangeboten und zu Leistungsansprüchen wird innerhalb der Gruppe der Ausländer*innen in vielfacher Hinsicht differenziert. Von praktischer Relevanz ist dabei vor allem die Unterscheidung zwischen ausländischen Personen, die über eine EU-Staatsangehörigkeit verfügen (siehe Unionsbürger*in), und solchen, die aus Staaten außerhalb der EU stammen (siehe Drittstaatsangehörige). Denn die Unionsbürgerschaft ist mit der Freizügigkeit der betreffenden Menschen in der gesamten Europäischen Union verbunden. Drittstaatsangehörige benötigen hingegen die ausdrückliche Genehmigung, sich im Staatsgebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union aufzuhalten. (Aufenthaltserlaubnis/Niederlassungserlaubnis).

Während rechtlich eindeutig zu fassen ist, wer Ausländer*in ist und wer nicht, gerät der Begriff 'Ausländer*in' im gesellschaftlichen Alltag häufig – gewollt oder ungewollt – zum Instrument der sozialen Ausgrenzung. Unabhängig davon, wo ein Mensch geboren ist, welche Staatsangehörigkeit er hat und wie er sich selbst sieht und bezeichnet, werden Menschen immer noch häufig alleine auf Grund ihres Namens, ihrer äußeren Erscheinung, ihrer Aussprache oder ihrer Religionszugehörigkeit rhetorisch als 'Ausländer*in'  markiert. In dieser Verwendung wird der Begriff zum Synonym alles Fremden - und damit allzu schnell zum Ausdruck einer Nicht-Zugehörigkeit alleine wegen ethnischer Merkmale. Soziologische und sozialpsychologische Studien wie z. B. eine im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vom Essener Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung erstellte Expertise zum Zusammenhang von Integration und Diskriminierung haben festgestellt, dass schon die Bezeichnung eines Menschen als Ausländer*in nur aufgrund des Aussehens oder der Einwanderungsgeschichte der Familie von der betreffenden Person als Beleidigung, Diskriminierung oder rassistische Ausgrenzung aufgefasst werden kann. Mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verfügt die Bundesrepublik seit 2006 über ein Gesetzeswerk, das derartig diskriminierendes Verhalten sanktioniert. Ziel des AGG ist, Benachteiligungen aus Gründen der "Rasse" oder wegen der "ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität" zu verhindern oder zu beseitigen (§ 1).

Im behördlichen Handeln ist deshalb bei der Feststellung von Ansprüchen und der diesbezüglichen Beratung grundsätzlich nur die Frage nach dem Rechtsstatus 'Ausländer*in' relevant. Eine bevormundende Behandlung von Ausländer*innen ist in keinem Falle gerechtfertigt.

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