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Anerkennungsgesetz


Erstellt: 14.10.2018  |  Zuletzt geändert: 09.09.2020, 11:09 Uhr

Die zuständige Stelle, so das Anerkennungsgesetz, "muss innerhalb von drei Monaten über die Gleichwertigkeit entscheiden" nach Einreichen aller erforderlichen Papiere (§ 3 Abs. 3). Nach einheitlichen Kriterien und in einem einheitlich geregelten Verfahren (siehe Verfahren zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen) wird beurteilt, ob die im Ausland erworbene Qualifikation gleichwertig ist oder wesentliche Unterschiede zum deutschen Referenzberuf bestehen. Für den Fall, dass entsprechende schriftliche Nachweise aus selbst nicht zu vertretenden Gründen nicht oder nur teilweise eingereicht werden können, sieht das Gesetz in § 14 auch "Sonstige Verfahren zur Feststellung der Gleichwertigkeit bei fehlenden Nachweisen" vor (zum Beispiel Arbeitsproben, Fachgespräche, praktische und theoretische Prüfungen, Gutachten von Sachverständigen). 

Das Gesetz ist ein wesentlicher Baustein für die qualifikationsadäquate berufliche Integration von Einwander*innen - sowohl von Fachkräften aus dem Ausland, die gern in Deutschland arbeiten möchten, als auch für Fachkräfte im Inland, die ausländische Berufsabschlüsse haben. 

Es dient der besseren Nutzung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen für den deutschen Arbeitsmarkt, indem es eine qualifikationsnahe Beschäftigung ermöglicht (§ 1 Anerkennungsgesetz). Es soll dazu beitragen, den Fachkräftebedarf in Deutschland zu sichern und die Beschäftigung unterhalb des Qualifikationsniveaus einzudämmen. Insofern hat das Anerkennungsgesetz eine wichtige Funktion als Anreiz für Fachkräfte im Ausland, nach Deutschland einzuwandern (siehe Brain Drain, Brain Gain, Brain Circulation, Triple Win, Brain Waste).

Das Anerkennungsgesetz des Bundes gilt für durch Bundesrecht geregelte Berufe. Die Anerkennungsgesetze der jeweiligen Bundesländer regeln die Anerkennung ausländischer Qualifikationen für diejenigen Berufe, für die nicht der Bund, sondern die Bundesländer zuständig sind. Das Gesetz ist ein sogenanntes Artikelgesetz. Das heißt: Es setzt sich aus mehreren Gesetzen bzw. Änderungen bestehender Gesetze zusammen:

Artikel 1 enthält das „Gesetz über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen“ (Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz - BQFG). Das BQFG regelt die Verfahren und Kriterien für die Prüfung der Gleichwertigkeit von ausländischen Berufsqualifikationen mit dem jeweiligen deutschen Referenzberuf. Es kommt zur Anwendung für die ca. 350 Ausbildungsberufe (Stand: 2018) im dualen System und wenn die beruflichen Fachgesetze keine Anerkennungsregelungen enthalten. Die speziellen Regelungen in den Berufsgesetzen (zum Beispiel für Ärzt*innen, Krankenpfleger*innen) haben grundsätzlich Vorrang vor dem BQFG und sind bei Gleichwertigkeitsverfahren in diesen Berufen anzuwenden (Subsidiarität). 

Artikel 2 bis 61 enthalten Anpassungen und Änderungen in den berufsrechtlichen Fachgesetzen (zum Beispiel Handwerksordnung, Bundesärzteordnung, Krankenpflegegesetz). In diesen Fachgesetzen gab es zum Teil bereits vor Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes aufgrund von Vorgaben des Europarechts (insbesondere EU-Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG) Regelungen für die Anerkennung europäischer Berufsqualifikationen. Diese Verfahren sind nun (soweit erforderlich und möglich) für Qualifikationen bzw. Staatsangehörige aus Drittstaaten geöffnet. Nicht zur Anwendung kommt das Gesetz bei der Anerkennung zum Beispiel von Hochschulabschlüssen, die nicht zu einem reglementierten Beruf führen (zum Beispiel Mathematik, Chemie, Wirtschaft), von im Ausland erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen, von Schulabschlüssen oder bei der Hochschulzulassung (siehe Berufsausbildung mit ausländischem Pass).

Die Anerkennung landesrechtlich geregelter Berufe (zum Beispiel Erzieher*in, Lehrer*in, Ingenieur*in) regeln die Landesanerkennungsgesetze der Bundesländer. In Artikel 1 der jeweiligen Gesetze sind die landesspezifischen Berufsqualifikationsfeststellungsgesetze verankert. Bei der Ausgestaltung der Gesetze haben sich die Länder weitestgehend an dem Modell des Bundes orientiert, wobei sich die Regelungen in einzelnen Details unterscheiden können. 

Mit dem Anerkennungsgesetz des Bundes gingen im April 2012 Serviceangebote zur Anerkennung beruflicher Qualifikationen an den Start.

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